Sonntag, 11. November 2012

Meisterregisseur Wong Kar-Wai, die Liebe in seinen Filmen und ihre Bedeutung.


„Ein Film ist für mich nie eine Antwort. Erst recht nicht, wenn es um die Liebe geht. Denn das ist immer eine große Frage.“

Was ich an Wong Kar Wai liebe, sind nicht unbedingt die Liebesfilme, sondern die Liebe in seinen Filmen. Die magische Poesie, die Melancholie, die Einsamkeit und das heikle Etwas des Verliebtseins.

Seine Bildgestaltung spielt hierbei nicht nur eine Rolle der Ästhetik. Die wilden Kamerafahrten durch Hongkongs menschenbefüllten Ecken, die flackernden Lichter des nächtlichen Straßenlebens und ihre Farben sind nicht nur Spielereien mit der Kamera und Schönheitseffekte. Sie bedeuten, wie viel Detail, Liebe und Schönheit in dem stecken kann, was wir sehen könnten. Doch vor allem eins: Sie spiegeln die Stimmung und die Atmosphäre der Geschichten wider, die uns Wong Kar-Wai auf ein Jedes neu erzählt.

„Die Zuschauer sollten sich wie die Passagiere eines Zuges fühlen: Sie reisen mit diesem Menschen [dem Protagonisten] und gehen mit ihm durch jede Periode seines Lebens, die gleichzeitig Szenarien einer Beziehung sind. Die meisten Zuschauer, die jemals in ihrem Leben geliebt haben, werden sich in einer der Episoden wiederfinden.“

Wahrscheinlich ist es das, was man an Wong Kar-Wai lieben wird: Die Nähe an seinen Figuren, die schlichtweg wahnsinnig ist. Die völlig unterschätzten Wiedergaben aus dem Off sind nicht nur Voice-over, sie sind Monologe und einfühlsame Erzählungen eines Ichs, das uns hiermit ganz persönlich in unser Herz direkt zu und in uns spricht. Wir bauen eine Beziehung zu ihm auf, wir folgen ihm in seine Gedanken, wir können uns in ihn fühlen, und das – so ausgelutscht das klingen mag – sei nicht nur daher gesagt.

Wenn es um Wong Kar-Wai geht, geht es auch immer um Liebe und die ganz großen Gefühle. Aber es ist nicht nur Gefühlsgedusel, wie es viele nennen mögen, oder Liebesgeschwafel. Es sind mit die ehrlichsten Dramen über, von und mitten in der Liebe, die ich je gesehen habe. Denn Liebe ist – wie wir es alle sicherlich irgendwie mal kennenlernen mussten – nicht immer schön, einfach und reine Erfüllung, sondern ein Weg. Sie birgt Geheimnisse und unzähligen Kummer. Besonders in seinem meiner Meinung nach Schlüsselwerk ‚Chungking Express‘ wird dies erkennbar: Wir sehen die gescheiterte Liebe und den Kummer danach, die Suche nach neuer Liebe und die Enttäuschung des Nichtfindens, die Sehnsucht nach ihr, die seltsamen Umwege und sogar das glückliche Widerfinden. Als einen der wichtigsten Punkte in Wong Kar-Wais Bedeutung steht für mich aber eins [langweilig, ich weiß, ich bin empfänglich dafür]: Das Alleinsein und die Einsamkeit. Diese wird auch in seinem darauf folgenden Werk ‚Fallen Angels‘ deutlich: Die Liebe ist sich in Gedanken nahe, doch findet nicht zu einander. Einer der bedeutendsten Momente in Wong Kar-Wais Schaffen stellt hierbei die Szene, in der die Protagonistin in ‚Fallen Angels‘ onaniert. Mit diesem Bild hätte die Einsamkeit nicht stärker dargestellt werden können.

Im Meisterwerk ‚Happy Together‘ zeigt er uns die immer mehr ins Aus scheiternde Beziehung zwischen zwei Männern. Sie wollen ihre Liebe retten, versuchen einen Traum zu leben und wandern nach Argentinien aus. Doch als die Liebe und somit der Traum endgültig bricht und zerplatzt, wird uns eins klar gemacht: Wir sind nicht für alle bestimmt. In ‚In the Mood for Love‘ finden zwei verzweifelte, vom Partner jeweils hintergangene Seelen zusammen und betrügen selbst. Verblüffend ist, dass immer, wenn die Musik (‚Yumeji's Theme‘) erklingt, die ganz großen Momente und Gefühle des Films passieren; die nachdenklichen Momente; wir sehen die beiden Protagonisten beim Einsamsein, die unglücklichen Gestiken, wie sie sich erstmals über den Weg laufen und ihnen selbst ihre Verlorenheit klar wird. Wong Kar-Wai sagt uns: Wir brauchen keine großen Worte, um uns unseren Gefühlen zu stellen. Vielmehr sind es unsere Blicke, körperliche Ausdrücke und der Zeitpunkt. Aus irgendeiner Form der unbewussten Rache und gemeinsamer Einsamkeit werden in ‚In the Mood for Love‘ wahre Gefühle. Die Liebe wird Zufall und gemeinsames Schicksal.

Um auf den Punkt zu kommen: Wong Kar-Wai offenbart uns, dass die Liebe leider nicht simpel ist. Sie ist ein komplexes Irgendwas aus Gefühlen, Schicksal und Bestimmung. Wir alle haben unsere Probleme mit ihr. Sie tut weh, und ist dennoch das vielleicht Wertvollste auf der Welt, weil sie uns am Träumen hält. Genau wie Wong Kar-Wais traumhaften Filme, gefilmt in traumhaften Bildern mit traumhaften Geschichten und vor traumhaften Kulissen. 








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