Mittwoch, 27. März 2013

Otto Premingers »Bonjour Tristesse«, Nostalgie und wie er mein Herz erobert.


Bonjour Tristesse
Drama | USA/Japan 1958 | FSK 18 | 94 Minuten | Regie: Otto Preminger

»Werde ich jemals  wieder so glücklich sein, wie ich es damals war, zu Beginn jenes wundervollen Sommers an der Riviera?«

Der Rückblick an die glücklichste Zeit im Leben, die Wiederkehr in den deprimierenden Alltag, das ist »Bonjour Tristesse«. Es ist grandios, wie Otto Preminger uns eine so einfühlsame Geschichte der Nostalgie an die glückliche, sorglose Zeit des Lebens zeigt, mich mit seiner Hauptfigur Cecile, gespielt von einer traumhaften Jean Seberg, verschlingt und identifizieren lässt. Cecile ist geplagt von wunderschönen Erinnerungen, die sie wie eine Mauer einengen und bedrücken, während sie mit ihrem Vater zwischen Luxus und Langeweile in Paris lebt, ihr alles sinnlos erscheint, sie mit den Menschen um sich herum nichts anfangen kann und sie eigentlich so gar nicht weiß, was sie will. Trübselig erinnert sie sich an die schöne, unbeschwerte Zeit in der Sonne an der französischen Riviera mit ihrem Vater und seiner Freundin. Hier war jeder freundlich zu jedem, sie fühlte sich wohl, sie war geborgen und niemand zwang sie. Hier lernt sie nicht für das vermasselte Exam, sondern studiert, wie man sich die Zeit vertreibt. Jedenfalls bis Anne dazu kommt, sich einmischt, alles verändert und die Unbeschwertheit zerstört. Jemand, der sie dazu bringt, ihr eigenes Spiegelbild zu sehen: faul und verwöhnt. Eine Erfahrung verbunden mit einem furchtbaren Gefühl, das wir sicherlich alle schon einmal erleben mussten. Doch weil wir dieses Gefühl hassen, entwickelt Anne sich schnell zu jemandem, der schleunigst beseitigt werden muss, bevor sie das leichte Leben zunichtemacht. Nach und nach merken wir, dass all das Geld für Momente sehr glücklich machen kann, doch besonders in der Szene im Casino, in der sich die Liebe dreht und wendet, bekommen wir zu spüren, wie alles nur noch nach Lust und Laune läuft, wahre oder gar tiefere Gefühle gibt es hier kaum noch. Immer wieder wird gesagt, wie vergnüglich alles war. Alles ist nur noch Vergnügen. Wie im Bilderbuch, wie man es sich wünscht, wie ich es mir zurückblickend auf all die schönen, freien, unbeschwerten Tage wünsche. Doch im allen Überfluss wie in diesem Film, in dem es nichts anderes mehr gibt, da eskaliert diese Unbeschwertheit, weil sie nichts mehr wert ist. Am Ende ist dann alles so, als sei nichts gewesen. Und weil die belastenden Wahrheiten verschwiegen werden, müssen letztlich die von aller Vergnügung unterdrückten Tränen endlich raus. 

»Bonjour Tristesse« darf man bitte nicht rational betrachten und als Abgesang auf irgendeine verwöhnte Gesellschaft sehen. Der Film ist dafür viel zu verzwickt in seiner Erzählung und seinen Charakteren. Hier gibt es kein rationales Gut oder Böse. Hier gibt es nur Menschen mit all ihren Stärken und Schwächen. Der Film wird schnell zu einer Frage des Einfühlens in die Charaktere und wer Cecile, ein junges, verspieltes Mädchen, das im Reichtum und Komfort aufgewachsen ist, nicht verstehen will, wird sich vielleicht weniger in diesen Film verlieben können. Für mich ist er jedenfalls großes Gefühlskino der Nostalgie und einer heiklen unbeschwerten Welt, in das ich mich persönlich wiedergefunden habe. Die fantastischen Kulissen, der durchdachte konträre Stil zwischen sonnigem Urlaub (Bonjour) und tristem Schwarzweiß (tristesse) und Juliette Grecos Song »Bonjour Tristesse«, der den Film wie ein Grundgerüst durchläuft, macht Otto Premingers Romanadaption zu einem absoluten Meisterwerk. Einer meiner persönlichsten Lieblingsfilme.




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