Samstag, 12. Oktober 2013

Billy Wilders Erstlings(meister)werk »Der Major und das Mädchen« ist eine warmherzige Verwechslungskomödie übers Wiederkindsein und Soldaten.

The Major and the Minor
Komödie | US 1942 | FSK 0 | 96 Minuten | Regie: Billy Wilder



Ginger Rogers darf wieder Kind sein. Billy Wilder trifft in seiner ersten Hollywood-Regiearbeit wieder zu jedem Zeitpunkt den richtigen Nerv und erschafft eine herrliche Verwechslungskomödie voller warmherziger Momente, Witze und Situationen. Ginger Rogers als großartige, starke Frau mit einer Willenskraft, die ihresgleichen sucht, und die genau weiß, was, wen und wie sie es will; ein niedlicher Ray Milland neben ihr, der so süß und fürsorglich wie eine Mutter und keinesfalls wie ein Soldat (!) agiert; und eine Militärgesellschaft als kleine Lachnummer voller kleiner Idioten und Jungs, die auch nur dümmlich und blind einem Mädchen (oder einer Frau) verfallen. Wie Ginger Rogers in der Story und Billy Wilder in diesem Werk dem großen, mächtigen Militär von damals einen leichtgenommen, nicht ganz ernstzunehmenden Streich spielen, ist fantastisch. Auch wenn Wilders Sympathien selbstverständlich seitens der Amerikaner stehen, die die Nazis, vor denen Wilder selbst floh, bekämpften. Interessant ist aber auch Wilders Darstellung der Berufe – heute doch so ziemlich das, womit wir identifiziert und in eine Schieblade geschoben werden. Ginger Rogers jammert gelangweilt und genervt zugleich darüber rum, was sie in ihrer Ausbildung alles lernen musste, nur um mit einem alten, vereinsamten Mann nach dem anderen ein Glas Martini zu trinken und ihnen ein bisschen den Kopf zu streicheln – »Ich habe die Durchblutung der Kopfhaut nicht genauestens gelernt, um mit Ihnen Martini zu trinken!«. Oder auch Ray Millards Figur, die so gar nicht dem typischen damaligen Stereotyp eines starken Soldaten gleichkommt, der im Namen seines Vaterlandes im Krieg kämpft: Zierlich, herzensgut und unsicher agiert er neben seinen starken Frauenfiguren, letzten Endes verliert er das (frühere) Mannesbild sogar vollkommen, nachdem er – ebenfalls beruflich bedingt – nicht mehr gut genug für seine ehemalige Frau war und sie lieber den Sohn eines Direktors einer großen Bank im Osten heiratete anstatt ihn, den armen Soldaten. Billy Wilder versucht sich hier ins Herz eines Soldaten einzufühlen, aber gleichzeitig das Bild eines solchen damals verehrten Mannes auch zu ändern: er ist auch nur ein Mann. Nicht mehr, nicht weniger. Und vor allem kein Held. Soldatsein ist nur sein Job.

»Su-Su, du bist wirklich ein ganz besonderes Kind!« – »Das stimmt, Onkel Philip.« 

Und alles begann mit überteuerten Bahnpreisen. 




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