Mittwoch, 10. Oktober 2012

‚Take Shelter‘ – Die Psychose eines Mannes und der vielleicht eindringlichste Film des Jahres.

Take Shelter
Psychodrama | USA 2011 | FSK 12 | 125 Minuten | Regie: Jeff Nichols

Um es vorweg zu sagen: ‚Take Shelter‘ ist der vielleicht ergreifendste Film des Jahres. 
Die Art und Weise, wie nah Jeff Nichols an seinen von Alpträumen und Psychosen geplagten Protagonisten Curtis herangeht, ist außerordentlich. Doch ist es lediglich der Krankheitsprozess eines instabilen Mannes mittleren Alters, welchen Nichols uns in seinem Film nahebringen will? Ich denke nicht nur. Spätestens in Anbetracht des völlig narkotischen Endes, [Achtung Spoiler] in dem der Albtraum zur Realität wird, [Spoiler Ende] dürfte uns klar werden, was für ein beeindruckendes Bild uns der Regisseur hier vielleicht zu zeichnen versucht, welches uns nicht nur aufgrund seiner Schleierhaftigkeit in Erinnerung bleibt, sondern hiermit den kompletten Film in eine abstrakte Bedeutung wirft: Er will uns nicht nur sagen, dass das, was wir träumen, möglicherweise mehr Realität bedeutet als wir denken – denn der Traum ist ein Teil unserer Realität, wir träumen ja „real“ und verarbeiten die Realität. Aber vielmehr zeigt er uns beispiellos abstrakt, dass das Leben nur eine Psychose ist. Das Leben ist das, was wir wahrnehmen, und das, wie wir es wahrnehmen. Es ist ein einziges subjektives Erleben, wie es in unserem Kopf – also in unseren Träumen und Gedanken – stattfindet. 

Des Weiteren sollten wir an das amerikanische Familienbild denken: Wir sehen den Mann Curtis als melancholischen, angeschlagenen und alles andere als perfekt funktionierenden Mann und Familienvater. Weit entfernt von amerikanischen Konventionen des Familienbilds, in denen der Vater leitet, einwandfrei, stabil und bruchfest funktioniert. ‚Take Shelter‘ ist ein Film, der uns die Schwächen, die Ängste und Zerbrechlichkeit der Menschheit vor Augen führt, egal, ob ein kräftiger Maschinenarbeiter oder jeder andere. Ein Film, der die amerikanischen Familien-Gepflogenheiten zu brechen vermag und gleichermaßen die üblichen Thriller-Konventionen. 

Ganz davon abgesehen treibt Michael Shannon in der Hauptrolle von Curtis ein Schauspiel der Superlative, während David Wingos Musik meisterhaft wie aus einer anderen Welt ertönt. ‚Take Shelter‘ ist der vielleicht beste Film des Jahres und berührt durch sein erstaunliches Schauspiel, seine Einfühlsamkeit in seiner Schilderung und fasziniert durch seine audiovisuelle Inszenierung. 

„Sieht das außer mir noch jemand?“ 




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