Mittwoch, 26. Februar 2014

Kunstporno (?): »Nymphomaniac: Teil 1«. Die erste Hälfte von Lars von Triers neuem Film.

Nymphomaniac: Volume 1
Drama | BE/DE/DK/FR/GB 2013 | 118 Minuten | FSK 16 | Regie: Lars von Trier



Ich hatte wirklich Angst vor »Nymphomaniac«. Davor, dass Lars sich irgendwo verloren und verrannt hat und plötzlich unaufhaltsam ärgern will, mit einer Starbesetzung hoch zehn abhebt, mit Rammstein offensichtlich aufstachelt und plötzlich auch noch alles wie einen absurden Witz aussehen lässt – auf einmal lese ich in Kommentaren zu einem Larsi-Film so etwas wie der Film sei lustig. Und ja: Irgendwie ist »Nymphomaniac: Teil 1« tatsächlich nicht wirklich typisch oder charakterisierend für Lars von Trier. So leicht kam mir ein Lars von Trier nie vor. Anders als in seinen anderen Filmen wird ganz eindeutig Schritt für Schritt aus erster Hand erzählt, was seine Heldin, sein Alter Ego Frau, auf ihrem Weg erlebt und empfindet. Wo wir bei Justine aus »Melancholia« oder der Frau aus »Antichrist« eigentlich immer auf mehrdeutige, tiefsinnigere Dialoge, Handlungsschritte und Gedanken achten mussten, um einen (subjektiven) Sinn zu ziehen oder die Figur zu verstehen und letztlich auch Larsis Absicht nachvollziehen zu können, so macht es »Nymphomaniac« einfacher, da die Geschichte uns ganz greifbar und handfest geschildert und nicht selten auch noch deutlich visualisiert wird – durch Zahlen, Leoparden, Puzzles und Fliegenangeln. Nicht, dass diese Vorgehensweise nicht zum Denken anregen würde. Das Interessanteste aber an »Nymphomaniac« ist eigentlich Larsis Entwicklung, denn ohne nun sagen zu wollen, es sei sein bester Film – und das ist er meiner Meinung nach wirklich nicht – ist dies sicherlich sein erwachsenster Film hinsichtlich seiner Größe, dem Aufbau und dem Plan, und gleichzeitig auch sein kindlichster Film hinsichtlich seinem süßen Umgang mit der jungen Sexualität und seinem – oh Gott – Humor (!).  Die kleinen Sexszenchen sollten in der 2-Stunden-Fassung eigentlich nicht die Rede wert sein. In mir brodelt das Gefühl, dass Lars da einen sehr seltsamen, aber auch irgendwie einen doch gar nicht so schlimmen Film gebraut hat. Auf jeden Fall sehr verdaulich. Aber wir haben ja eh nur die Hälfte bisher sehen dürfen. Faszinierend ist der neue Lars von Trier auf jeden Fall.  








Sonntag, 23. Februar 2014

Ryan Gosling als letzter Menschlicher in Refns Höllentrip »Only God Forgives«.

Only God Forgives
Thriller | DK/FR 2013 | FSK 16 | 89 Minuten | Regie: Nicolas Winding Refn




Refns Alptraum. Die roten Lichter, die Drehorte schreien nur so wie die Hölle auf Erden. Die Stimmen oder vielmehr die bedrückende Stille, die Musik und die Bilder. »Only God Forgives«, das Portrait einer Stadt ohne Nachsicht? Der Titel sagt es doch: Nur Gott vergibt. 

Ryan Gosling als Anti-Macho, als unsicherer, großer Bruder, gibt dem Film aber das größte Potenzial und gleichzeitig das größte Geheimnis. Wir erleben ihn als einen Drogendealer, doch ist er nicht wirklich das Bild, das man sich unter einem solchen vorstellt. Er sitzt gefesselt, nahezu unterworfen auf einem Stuhl gefesselt da und sieht einer Frau beim Masturbieren zu. Er sieht sich die Frauen immer nur an, aber befriedigen oder beglücken tun sie ihn nicht. Irgendwie ängstlich, irgendwie total  befangen und furchtsam sitzt er regungslos da. Auch einer der Gründe, wieso er eine »Entertainerin« fragen muss, ob sie vor seiner Mutter so tut, als sei sie seine Freundin. Ein Spiel, das wir eigentlich nur von »Homosexuellen-Alibis« kennen. Seine drückende, herrische Mutter, beeindruckend gespielt von Kristin Scott Thomas, treibt derweil ein absolutes Gefühlstheater. Und sie hat Erwartungen. Mal hasst sie ihren Julian, mal liebt sie ihn. Mal tut sie so als ob. Mal will sie das, mal nicht mehr. Beeindruckend, und was diesen Film gleichermaßen so schwer macht, zu deuten, ist die totale Verschließung eines Innenlebens seiner Charaktere. Wir sehen Handlungen, Mimik und Gestiken, besonders die eines Ryan Gosling. Doch offenbart uns der Film eigentlich nichts außer unseren subjektiven Wahrnehmungen – unseren Gefühlen. Der Film überkommt uns mit nichts als Gefühlskälte und das macht ihn gerade dadurch so emotionell. Ryan Goslings leere, hilflose Ausdrücke wirken wie ein Haufen Elend einer Seele. So voller Angst und Befangenheit und Melancholie. Gerade durch diese Leere an Seele der Figuren wird der Film so irrational und emotional wie es nur geht: Wir blicken, nicht zuletzt durch die beeindruckende Kameraführung, ständig tief in die Augen und Blicke unserer Figuren. In diesem Film sagen sie noch mehr als tausend Worte und offenbaren uns, sobald wir es nur zulassen, tiefe Gefühle und sogar Ängste – wenn wir Julian mit befangener Miene am Stuhl gefesselt, durch die roten Gänge und Straßen oder ihn sogar verängstigt seine Hände zu Fäusten ballen sehen. Refn schmiert hier keine Geschichte eines großen Helden ins Kino, sondern wie ein menschlicher Sohn zum gnadenlosen Rächer fungieren soll – doch machen nicht gerade unsere Schwächen uns so menschlich? Meinen Gefühlen nach zu gehen – und das ist alles, was man in diesem fantastischen Film machen kann – ist Ryan Gosling noch der einzige Menschliche in dieser Welt. Das widerspenstige Symbol des Händeabhackens dafür, dass er sich sündig fühlt. Und diese Schwäche und Hilflosigkeit. Vielleicht ist dies »Only God Forgives«: Ein Film über die Menschlichkeit inmitten einer Welt, die der Hölle gleichkommt. 

Natürlich ist der Film in seinem Sog aus Gewalt, Gefahr und bunten Lichtern der düsteren Unterwelt Bangkoks unheimlich faszinierend, genauso natürlich wie die Gewalt niemals im Licht der Befürwortung steht – eben wie in anderen Meisterwerken, die mit Gewalt abschrecken und verabscheuen. Um das zu tun, muss die Gewalt allerdings gezeigt werden – und das tut »Only God Forgives« so konsequent durchzogen wie es nur geht. Er ver-teufelt sie. Viele meinen, der Film sei ganz anders als »Drive«. Doch eigentlich ist er genauso. Nur viel konsequenter. Wieder spielt Ryan Gosling einen weichen, melancholischen Kerl im Macho-Milieu. Wieder ist er oberflächlich ein totaler Vollkerl. Und innerlich ein totales Rätsel. Irgendwo ein Weichei, ein viel zu lieber Mann, der seinem „Date“ das Kleid gerne schenken möchte, und ein Mann, der das herrische, unterdrückende Verhalten seiner Mutter damit rechtfertigt, dass sie eben seine Mutter sei. Ryan Gosling, der schweigsame Held. Ich liebe dich und möchte mehr davon. 






Montag, 10. Februar 2014

Mamoru Hosodas traurige Ernüchterung: »Ame & Yuki – Die Wolfskinder«.

Okami Kodomo no Ame to Yuki
Animationsfilm | JP 2012 | 117 Minuten | FSK 6 | Regie: Mamoru Hosoda



»Ame & Yuki« erscheint mir ein wenig wie ein Til-Schweiger-Anime, nur über der Gürtellinie. Hier ist alles ganz furchtbar niedlich, alles ist süß, liebenswert, putzig und manchmal ganz bemitleidenswert. Die Geschichte wird erzählt mit ein bisschen Kitsch hier und ein wenig bezwungener Traurigkeit dort, zwischendurch passiert mal nichts außer Knuddeln, Family-Alltag der etwas fantasievolleren Art, ein wenig Identitätsfragen, die eigentlich so platt wie geistlos dahinbehandelt werden, dann gibt es eine hübsche Charakterwendung und ein bedauerliches Finale, bei dem man vor Kitsch und offensichtlichem Epic-Getue kaum hinsehen mag. Der Film vermittelt aber nicht zuletzt auch eine sehr öde, einförmige und fast langweilige Botschaft: Du kannst kein Leben zwischen dem Wolfsdasein und dem zur-Schule-gehen führen, also zwischen der Tradition, der Fantasie und der Moderne – du musst dich entscheiden! Ich liebe »Das Mädchen, das durch die Zeit sprang« und »Summer Wars« noch viel mehr. Aber es bleibt mir unbegreiflich, wie dies ein Film von Mamoru Hosoda sein kann.     






Donnerstag, 6. Februar 2014

Marlene Dietrich in Hitchcocks fantastischem Kassenflop »Die rote Lola«.

Stage Fright
Kriminalfilm | GB/US 1950 | 110 Minuten | FSK 6 | Regie: Alfred Hitchcock



Zu Anfang denkt der Zuschauer sich noch, was dies für ein einfach gestrickter und auch simpel inszenierter Film sei. Doch es bleibt nicht so einfach. »Die rote Lola« ist nicht nur völlig unterschätzt, meiner Meinung nach ist er ein fantastischer, kurzweiliger Spannungsfilm über die Macht einer Unschuld, dem Glauben an die augenscheinliche Liebe und dem Zweifel. Inmitten eine große, wunderschöne Diva, um die sich die Welt und die Menschheit dreht, eine starke Frau, erst niedlich, sympathisch, schließlich waghalsig und intelligent und die die Welt selbst in die Hand nimmt, und eine Handvoll Männer, die dem ganzen unterliegen und eigentlich nichts so richtig auf die Reihe bekommen. Der glamouröse Zauber, den Marlene Dietrich diesem Meisterwerk verleiht, ist atemberaubend. Trotz der Tatsache, dass eigentlich den ganzen Film lang geglaubt wird, dass feststeht, was geschehen war, ein fesselnder Film. Und dann dieses unglaubliche Finale. 





  

Sonntag, 2. Februar 2014

Kommentarlose Bewertungen #19: Januar 2014.

Hier meine gesehenen Filme im Januar 2014


Ich sehe den Mann deiner Träume | Tragikomödie | ES/US 2010 | Regie: Woody Allen | 5/10

Vicky Cristina Barcelona | Tragikomödie | ES/US 2008 | Regie: Woody Allen | 8/10

All Is Lost | Drama | US 2013 | Regie: J. C. Chandor | 7/10

Breaking Dawn – Bis(s) zum Ende der Nacht – Teil 2  | Fantasy | US 2012 | Regie: Bill Condon | 6/10


Happy New Year | Komödie | US 2011 | Regie: Garry Marshall | 6/10