Montag, 27. Januar 2014

Was für ein Memmenwerk: Als hätte Steve McQueen mit »12 Years a Slave« verlernt, wie man gute Filme macht.

12 Years a Slave
Drama | GB/US 2013 | FSK 12 | 135 Minuten | Regie: Steve McQueen



Kaum zu glauben, dass dies ein Film von Steve McQueen ist. Was für ein mutloses, fast memmenhaftes Stück Oscarliebling-Geschichtsstunde. Mit »Shame« und »Hunger« hat er gezeigt, wie bedrohlich, beherzt und unbeirrt, doch vor allem auch eins sein Kino sein kann: Kunstvoll und mehrdeutig. In »12 Years a Slave« ist davon kaum noch was übrig geblieben. Alles ist eindeutig, hier sind die Guten, da sind die Bösen. Er ist so schrittweise und konventionell heruntererzählt wie eine romantische Komödie, man weiß eigentlich ganz genau nach jeder Szene, was als nächstes passiert. Die Dialoge sind so typisch und x-beliebig wie in einem Nachmittagsmelodram, als hätte Steve McQueen beim Drehen einen Stock im Arsch oder Steven Spielberg neben sich sitzen. Und Hans Zimmer trommelt ordentlich die Pauke. Eigentlich fast lachhaft und ironisch wirkt doch die Besetzung der Weißen, ein Lichtblick nach dem nächsten, hier ein Brad Pitt, dort ein Michael Fassbender und drüben ein Benedict Cumberbatch. Von Betroffenheit darf hier eigentlich nicht die Rede sein, denn am Ende gehen wir alle wieder beruhigt aus dem Kino heraus. Ich denke an die schmerzhaften Szenen aus Tarantinos »Django Unchained«, die in allem Tarantino-Spaß, in dem der Film teilweise schwelgt, so unerträglich sind und bitter nachbleiben. Aus »12 Years a Slave« können wir mit dem ruhigen Gewissen, dass wir etwas ganz schreckliches Geschichtliches Gott sei Dank überstanden haben, herausgehen.  






Samstag, 25. Januar 2014

Sieht der etwa aus wie einer von den Guten? – Ryan Gosling in Refns Thrillerkunstwerk »Drive«.

Drive
Thriller | US 2011 | 100 Minuten | FSK 18 | Regie: Nicolas Winding Refn

Lange wusste ich nicht, was ich über »Drive« schreiben sollte. Irgendwie auch nicht, was an »Drive« so faszinierend ist. Doch Refn erschafft mit seinem Thrillerkunstwerk Wahnsinniges. Was ihn so besonders macht, ist sicherlich unter anderem sein Glanz, seine unglaublich schöne musikalische Untermalung, diese perfekte Inszenierung und selbstverständlich seine Schauspieler, doch ganz besonders an »Drive« ist die Melancholie, die Emotionalität, die aus ihm spricht, die an der Oberfläche so kühl erscheint, aber eigentlich sehr tief in warme Seelen blickt. Ähnlich wie in Refns unterschätztem »Bronson« besitzt der Film etwas sehr weiches und warmes. Wenn Bronsons Kampf plötzlich mit Musik der Pet Shop Boys untermalt wird, spielt der vermeintliche Actionstar  in »Drive« mit einem kleinen Jungen das Blinzelspiel, sieht sich mit ihm einen Kinderfilm an und fährt seine Nachbarin und deren Sohn zu einem romantischen Ort. Wie berechnet ertönt ausgerechnet in letzterer Szene ein Song mit den Worten »A real human being, and a real hero …«.

Betrachten wir den von Ryan Gosling gottesgleich gespielten Driver, auf den ersten Blick eine typische Actionfilmschablone von Kerl. Doch seine Figur spuckt allen Genreklischees und -vorgaben recht schnell in die Fresse – vielleicht genau wie die rosafarbenen Schriftzüge im Vor- und Abspann des Films. Ein üblicher Actionfilm hätte gezeigt, wie dieser coole Muskelprotz mit seinen Kumpanen einen Deal nach dem nächsten klarmacht, Frauen beeindruckt und geil rüberkommt. Doch in »Drive« ist das nicht so. Hier ist alles eigentlich genau nicht so, wie es aussieht. Der Hai, der Muskelprotzt und Stuntman mit sexy Körper und schicken Klamotten ist ein ruhiger, gar schüchterner Kerl von nebenan. Ein Kerlchen, das mehr lächelt als spricht, der der Nachbarin die Einkaufstüten nach Hause trägt. Er ist jemand, der in der Werkstatt umgeben von Machos und Machogesprächen und Machosprüchen ein paar Meter entfernt steht und alleine am Auto schraubt. Es wird betont, dass er nicht raucht und in der Szene, in der er zitternd mit Gangster Nino telefoniert, heißt es spöttisch »Das hier ist nicht so dein Ding, oder?«. Er fährt schnelle Autos, man könnte fast meinen, sein Leben ist das Autofahren, und ist dennoch ist er alles andere als ein Vollkerl aus einem typischcoolen Film. Er sitzt da, am Steuer, nachdenklich, introvertiert. Mit einem tiefen Blick, der nichts sagt. Doch wie Watzlawick bereits sagte: Wir können nicht nicht kommunizieren. Selbst ein starrer, leerer Blickt erzählt uns von Insichgekehrtheit oder Nachdenklichkeit. Und diese sehen wir doch eigentlich ständig in diesem Film in Ryan Goslings Augen. 

Wenig später sieht er sich mit dem Sohn seiner Nachbarin einen Film an. Der Junge meint, der Hai sei einer von den Bösen. Daraufhin fragt der Driver, ob es denn keine guten Haie gäbe. Darauf heißt es: »Sieht der etwa aus wie einer von den Guten?«. Nach dieser Stelle zeigt Refn Gosling noch einige Sekunden gedankenverloren in die Leere blicken. Diese Stelle halte ich für eine Art Schlüsselpunkt, denn würden wir die Figur von Ryan Gosling nicht auch oberflächlich mit etwas wie einem Hai vergleichen? Unter dieser Fassade ist er ganz anders, aber äußerlich wie ein Hai. Interessant ist, dass diese Stelle etwas in ihm zu verändern scheint. Wenig später rutscht er in die Gewalt und Kriminalität, er wird tatsächlich zum Hai. Vielleicht ist dies der Kern des Films: Als seien wir nur ein Produkt unserer gesellschaftlichen Sicht, der Oberflächlichkeit, unseres Äußeren. Und sind wir das nicht so oft wirklich?

Auch der Fortlauf der Dinge und sein Finale lassen den modernen Actionfilm noch einmal brechen. Während andere Filmhelden für eine Frau den unsauberen Ehemann vielleicht zur Hölle schicken würden, interessiert sich Ryan Goslings Figur nicht für solche Oberflächlichkeiten – genau wie er sich anderen Konventionen wie dem Händeschütteln verweigert –, sondern kämpft für die Befreiung der Frau und ihrem Sohn. Selbst wenn es so scheint, als würde nichts für ihn dabei herausspringen. Selbst wenn er in sie verliebt ist. Selbst wenn er am Ende diese Frau nie bekommen wird. Er ist kein Held, und deswegen gerade ein so Wahrer. Und hat Autofahren nicht auch etwas sehr Melancholisches? Ich finde schon. Immerhin singt auch Lana Del Rey in ihrem Song »Ride« davon. 

»I hear the birds on the summer breeze, 
I drive fast, I am alone in the night. 
Been tryin' hard not to get into trouble, 
But I, I've got a war in my mind. 
So, I just ride, just ride, 
I just ride, I just ride.«








Donnerstag, 2. Januar 2014

Kommentarlose Bewertungen #18: Dezember 2013.

Das Jahr ist zu Ende. Das war mein Dezember. 


Breaking Dawn – Bis(s) zum Ende der Nacht – Teil 1 | Fantasy | US 2011 | Regie: Bill Condon | 6/10

Sherlock | Krimiserie | GB 2010-heute | Produktion: Steven Moffat u.a. | 5/10

The Lords of Salem | Horror | CA/GB/US 2012 | Regie: Rob Zombie | 6/10

Venus im Pelz | Komödie | FR/PL 2013 | Regie: Roman Polański | 8/10

Der Fremde am See | Erotikthriller | FR 2013 | Regie: Alain Guiraudie | 2/10

Jung & Schön | Drama | FR 2013 | Regie: François Ozon | 9/10

Blau ist eine warme Farbe | Drama | FR 2013 | Regie: Abdellativ Kechiche | 7/10

Blue Jasmine | Tragikomödie | US 2013 | Regie: Woody Allen | 8.5/10

Blancanieves | Drama | BE/ES/FR 2012 | Regie: Pablo Berger | 8.5/10

Blackfish | Dokumentarfilm | US 2013 | Regie: Gabriela Cowperthwaite | 8/10

Don Jon | Drama | US 2013 | Regie: Joseph Gordon-Levitt | 7/10

Fack ju Göhte | Komödie | DE 2013 | Regie: Bora Dagtekin | 4/10


The Poker House – Nach einer wahren Geschichte | Drama | US 2008 | Regie: Lori Petty | 6/10